9. Juli 2024 / Aus aller Welt

«Ungeheuer von Loch Neuss» - Jagd auf Alligator Sammy

Es sollte ein harmloser Ausflug mit dem Haustier werden - doch Kaiman Sammy nutzte ihn zur Flucht. Es folgte eine beispiellose Suche, die auch international für Schlagzeilen sorgte.

Die Jagd auf Kaiman Sammy hielt vor 30 Jahren tagelang Polizei, Feuerwehr und Medien in Atem.
von Petra Albers, dpa

Er war einer der berühmtesten Stars des berüchtigten Sommerlochs: Kaiman Sammy. Die Suche nach dem ausgebüxten Alligator sorgte vor 30 Jahren international für Aufsehen. Sammy hatte sich von der Leine losgerissen, als sein Besitzer mit ihm einen Badeausflug zu einem Baggersee bei Dormagen am Niederrhein machen wollte. Tagelang hielt die Suche nach dem kleinen Krokodil Polizei, Feuerwehr und Medien in Atem und bewegte die ganze Nation.

Nach Sammys Flucht am 10. Juli 1994 bliesen die Behörden zur Großwildjagd. Aus Furcht vor dem 80 Zentimeter langen Reptil mit den messerscharfen Zähnen blieb der idyllische Badesee in jenem heißen Sommer tagelang gesperrt. Von einer «Bestie vom Baggersee» und dem «Ungeheuer von Loch Neuss» war die Rede. Fotografen und Kamerateams aus dem In- und Ausland bezogen Stellung am Seeufer. Zoologen und andere «Experten» - vom kenianischen Krokodiljäger bis zum Hellseher - übertrafen sich mit guten Ratschlägen.

Sammy fällt nicht auf Tricks herein 

Doch ob mit Schleppnetzen, Keschern oder Gewehren - alle Versuche, den Brillenkaiman an Land oder im Wasser einzufangen, schlugen zunächst fehl. Auf Tricks wie einen Brunftruf-Imitator und einen Köder aus blutigem Rinderfilet fiel Sammy nicht herein. Mehrmals kamen Feuerwehrleute in Schlauchbooten bis auf zwei Meter an den Ausreißer heran, dann tauchte er einfach ab und war wieder verschwunden. 

Der angeblich so zutrauliche Kaiman, der zuvor in der Wohnung seines damals 21-jährigen Besitzers gelebt hatte, fand offenbar zunehmend Geschmack an der Freiheit und genoss seinen «Badeurlaub» in dem See, der mit Sandbänken und dichtem Ufergebüsch zahlreiche Verstecke bot. 

In der dritten Nacht nach Sammys Flucht dann die Meldung: Das Reptil sei erschossen worden. «Mit 99-prozentiger Sicherheit» sei einer von drei Schüssen auf ihn tödlich gewesen, teilte die Polizei mit. Doch weit gefehlt: Einige Stunden später wurde Sammy lebendig gesichtet. 

Ein Taucher als Held

Inzwischen forderten immer mehr Stimmen Gnade für Sammy. Ein Fanclub gründete sich, Vereine und Wissenschaftler aus ganz Deutschland verlangten, sein Leben zu schonen. Sogar der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Schnoor (SPD) schaltete sich ein und verlangte: «Sammy muss leben!»

Nach fünf Tagen schließlich nahm Sammys Ausflug in die Freiheit ein glückliches Ende: Ein Sporttaucher entdeckte den Kaiman etwa einen Meter unter der Wasseroberfläche - und fing ihn mit bloßen Händen. 

Der erschöpfte Sammy erholte sich danach zunächst im Kölner Zoo, ehe er Exil im Tierpark Falkenstein in Sachsen fand. Sammys Besitzer kämpfte vor verschiedenen Gerichten um seinen Freund und durfte ihn zeitweise wieder bei sich aufnehmen, ehe
der Mann 1998 vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht endgültig scheiterte.

Skippy, Bruno und Yvonne

Den Tierpflegern in Sachsen wurde Sammy, der als kleiner Alligator
noch brav im Bett seines früheren Besitzers gekuschelt hatte, mit der Zeit zu gefährlich. 2006 gab der Tierpark das inzwischen etwa anderthalb Meter lange Reptil «aus Sicherheitsgründen» ab. Bis zu seinem Tod im Jahr 2013 lebte Sammy allein in einem Gehege auf einer Alligator-Farm in Hessen.

Tierische Stars beherrschen immer wieder die Schlagzeilen und bewegen die Gemüter - manchmal wochenlang. Känguru Skippy etwa hüpfte 2015 munter durchs Sauerland, die Kuh Yvonne flüchtete 2011 erfolgreich vor dem Schlachter, Schwan Petra verliebte sich auf dem Aasee in Münster in ein Schwanen-Tretboot und der durch die bayerischen Wälder stapfende Braunbär Bruno schaffte es 2006 bis in die «New York Times».


Bildnachweis: © Wolfgang Thieme/Zentralbild/dpa
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