14. Februar 2024 / Aus aller Welt

Schabernack ist älter als die Menschheit

Den anderen so necken, dass er reagiert - aber nicht stinkwütend wird: Für Schabernack muss man sein Opfer gut einschätzen können. Dazu ist nicht nur der Mensch in der Lage.

Auch Gorillas treiben laut Analysen gern Schabernack mit anderen.
von dpa

Humor ist wahrscheinlich älter als die Menschheit selbst. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forschungsteam nach Analysen zum Verhalten der vier heute noch lebenden Menschenaffen-Arten.

Auch Orang-Utans, Schimpansen, Bonobos und Gorillas treiben demnach gern Schabernack mit anderen. Die Voraussetzungen für Humor haben sich daher wohl schon vor mindestens 13 Millionen Jahren in der menschlichen Abstammungslinie entwickelt, schließen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. 

Spielerisch, aber meist auch leicht belästigend und provokativ: Um andere zu necken, braucht es soziale Intelligenz und die Fähigkeit, künftige Handlungen vorherzusehen und die Erwartungen von Artgenossen erkennen und einschätzen zu können. Babys schaffen das ab einem Alter von acht Monaten, noch bevor sie sprechen lernen, wie die Forschenden erläutern: Sie bieten zum Beispiel Gegenstände an und ziehen sie dann rasch wieder zurück, provozieren mit kleinen Regelverstößen und indem sie die Aktivitäten anderer stören. 

18 Neck-Verhaltensweisen

Ganz ähnlich ist das bei Menschenaffen zu beobachten, wie das Team um Isabelle Laumer von der University of California in Los Angeles und dem Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Radolfzell im Fachjournal «Proceedings B» der britischen Royal Society berichtet. Ausgewertet wurden Videos von Tieren im San Diego Zoo und dem Leipziger Zoo, in jeder beobachteten Gruppe befand sich mindestens ein Jungtier.

«Menschenaffen sind hervorragende Kandidaten, um spielerisches Necken zu studieren, da sie eng mit uns verwandt sind, sich an sozialen Spielen beteiligen, lachen und ein relativ ausgeprägtes Verständnis über die Erwartungen anderer aufweisen», sagte Laumer. Insgesamt identifizierte das Team 18 Neck-Verhaltensweisen, bei denen es meist darum ging, eine Reaktion des Geneckten hervorzurufen oder zumindest seine Aufmerksamkeit zu erregen. Ein Spiel entwickelte sich aus den Frotzeleien nur selten. Viele Geneckte versuchten sich darin, die Pöbelei zu ignorieren, aggressive Reaktionen gab es kaum.

Meist ging der Schabernack von Jungtieren aus, Opfer war in der Regel ein Erwachsener - aber nur in wenigen Fällen die Mutter, mit der ansonsten viel Zeit verbracht wurde. «Es war üblich, dass der neckende Menschenaffe wiederholt mit einem Körperteil oder Gegenstand in der Mitte des Sichtfelds des Geneckten wedelte, ihn stieß oder anstupste, ihm genau ins Gesicht starrte, seine Bewegungen unterbrach oder an seinen Haaren zog oder andere Verhaltensweisen zeigte, die für den Geneckten äußerst schwer zu ignorieren waren», erzählte Mitautorin Erica Cartmill von der University of California Los Angeles und der Indiana University.

Sinn der spielerischen Hänseleien

Den Forschenden zufolge zeigen alle vier Menschenaffen-Arten solches provokatives Verhalten. Klar ist dabei: Necken soll eine Reaktion wie Erschrecken oder Überraschtsein hervorrufen - aber keine Aggression. Necken ließ sich zudem in mehrfacher Hinsicht von bloßem Spiel abgrenzen: «Das spielerische Necken der Menschenaffen war einseitig, ging meistens während der gesamten Interaktion vom neckenden Tier aus und wurde selten erwidert», erklärte Cartmill. 

Wie beim Menschen begann das Necken in entspannten Situationen, auch sonst waren die Ähnlichkeiten groß. «Ähnlich wie das Necken bei Kleinkindern beinhaltet das spielerische Necken von Menschenaffen einseitige Provokation», so Laumer. Ein Tier necke gezielt und wiederholt ein Anderes und warte auf die Reaktion, mitunter sei Überraschung ein wichtiges Element. Necken habe damit viel mit dem Scherzen in Worten gemeinsam und könne als dessen kognitiver Vorläufer angesehen werden. Sinn der spielerischen Hänseleien könne es sein, soziale Bindungen zu stärken, vermuten die Forschenden.

Schon Jane Goodall und andere Feldforschende hätten vor vielen Jahren solche Verhaltensweisen bei Schimpansen beobachtet, nun sei das spielerische Necken erstmals systematisch untersucht. Aus evolutionärer Sicht ließen die Ähnlichkeiten beim Necken bei den vier Affenarten und dem Menschen darauf schließen, dass spielerisches Necken und seine kognitiven Voraussetzungen schon beim letzten gemeinsamen Vorfahren vor mindestens 13 Millionen Jahren vorhanden gewesen sein könnten, erklärte Laumer. Ob es Schabernack vergleichbar auch bei freilebenden Menschenaffen und bei anderen Arten gibt, müsse nun weiter untersucht werden.


Bildnachweis: © Ben Birchall/PA Wire/dpa
Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Meistgelesene Artikel

Strundetalfest 2024: Besucht uns im Strundepark in Bergisch Gladbach!
Partner News

Am 01.09.2024 haben wir für euch einiges zu bieten: XXL Hüpfburg, Parcours, Beratung, tolle Give aways & mega viel Spaß für die ganze Familie!

weiterlesen...
Das Veedelsfest in Refrath
Bergisch Gladbach

Das Programm für das Veedelsfest in Refrath am 31.08.2024 steht! Endecke jetzt alle Highlights des Festes in unserer Übersicht!

weiterlesen...
„Burscheid liest“: Eine Woche voller Literatur und Lesefreude
Rheinisch-Bergischer Kreis

Entdecke „Burscheid liest“: Eine Woche voller Lesungen, Workshops und Events rund um Literatur vom 1. bis 8. September 2024

weiterlesen...

Neueste Artikel

Sheriff in den USA erschießt Richter
Aus aller Welt

Nachmittag in einer US-Kleinstadt. Im Büro des Richters kommt es zu einem Streit. Dann fallen Schüsse. Der Fall reiht sich in die Serie von Gewalttaten ein, die die USA erschüttern.

weiterlesen...
Pitbull verletzt deutschen Halter auf Mallorca schwer
Aus aller Welt

Der Mann geht mit seinen Hunden - einem Pitbull und einem Rottweiler - Gassi, als die beiden Tiere aufeinander losgehen. Als er die Tiere trennen will, sieht der Pitbull rot.

weiterlesen...

Weitere Artikel derselben Kategorie

Sheriff in den USA erschießt Richter
Aus aller Welt

Nachmittag in einer US-Kleinstadt. Im Büro des Richters kommt es zu einem Streit. Dann fallen Schüsse. Der Fall reiht sich in die Serie von Gewalttaten ein, die die USA erschüttern.

weiterlesen...
Pitbull verletzt deutschen Halter auf Mallorca schwer
Aus aller Welt

Der Mann geht mit seinen Hunden - einem Pitbull und einem Rottweiler - Gassi, als die beiden Tiere aufeinander losgehen. Als er die Tiere trennen will, sieht der Pitbull rot.

weiterlesen...