Insekten werden schon seit Jahrtausenden von Menschen weltweit gegessen. In der Europäischen Union gelten sie als neuartige Lebensmittel. Hierzulande schwanken Verbraucher zwischen Neugier und Ekel. Nach Mehlwürmern und Wanderheuschrecken dürfen nun auch Hausgrillen und Larven des Getreideschimmelkäfers in Lebensmitteln verarbeitet werden. Jedes neuartige Lebensmittel muss von der EU zugelassen werden. Per Durchführungsverordnung darf allein das vietnamesische Unternehmen Cricket One von Dienstag an ein teilweise entfettetes Pulver aus der Hausgrille (Acheta domesticus) in der EU vertreiben. Das auch als Heimchen bekannte Tier war zuvor nach der Analyse wissenschaftlicher Studien in die Liste der neuartigen Lebensmittel aufgenommen worden. Von Donnerstag an dürfen dann auch Larven des Getreideschimmelkäfers (Alphitobius diaperinus) verarbeitet werden. Ähnliche Regeln gibt es schon länger für Wanderheuschrecken und Larven des Mehlkäfers (Tenebrio molitor, gelber Mehlwurm). In allen möglichen. Ihr Pulver darf nun unter anderem in Brot und Brötchen, Keksen und Crackern, Backmischungen und Teigwaren, Soßen und Suppen, Fleisch- und Milchersatz, Kartoffelerzeugnissen oder Schokolade vorkommen. Die Produkte dürfen dann nicht als vegan oder vegetarisch ausgezeichnet werden. Das wird sich zeigen. Bisher sei das Angebot an Lebensmitteln mit Insekten «wirklich ein ganz, ganz kleiner Nischenmarkt», erklärt Lebensmittelchemiker Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg. Hierzulande sind aktuell nur wenige Produkte mit geringen Mengen an Insekten erhältlich - etwa Riegel oder Nudeln. Dass Insektenpulver in Kekse oder Mehl gemischt werde, liege «wirklich noch in weiter Ferne», sagt Valet. Nein, denn Insekten müssen auf den Produkten gekennzeichnet sein. «Uns ist nicht bekannt, dass es irgendwie untergemischt wird», sagt Verbraucherschützer Valet. Die EU-Kommission stellt klar: «Jede und jeder kann selbst entscheiden, ob er oder sie Lebensmittel aus oder mit Insekten kauft oder nicht.» Der Verordnung zufolge muss etwa in der Zutatenliste stehen: «Acheta domesticus (Hausgrille, Heimchen), gefroren» oder «Pulver aus Larven von Alphitobius diaperinus (Getreideschimmelkäfer)». Valet fordert hingegen eine deutliche Kennzeichnung auf der Verpackung «und zwar gut verständlich für alle, zum Beispiel «Kekse mit Insekten» oder «Nudeln mit Insekten»». Wie bei vielen anderen Lebensmitteln könnte auch Insektenpulver in seltenen Fällen Reaktionen auslösen - etwa bei den Menschen, die gegen Krebstiere, Weichtiere und Hausstaubmilben allergisch sind. Entsprechende Angaben müssen in unmittelbarer Nähe der Zutatenliste verzeichnet sein. Das Chitin im Außenskelett von Insekten etwa kann allergische Reaktionen auslösen. Der kaum verdauliche Ballaststoff kommt auch in Schalentieren und Pilzen vor. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit kommt nach Auswertung diverser Studien zu dem Schluss: Hausgrillen-Pulver in den vorgeschlagenen Mengen ist sicher. Einen kommerziellen Anreiz sieht Verbraucherschützer Valet bislang nicht. «Produkte mit Insektenmehl werden zum Teil deutlich teurer verkauft», sagt er der Deutschen Presse-Agentur. Wenn es aber künftig irgendwann für Unternehmen günstiger sei, dann müsse darauf geachtet werden, dass Verbraucher nicht irregeführt werden. Weltweit werden mehr als 1900 Arten verzehrt. In verschiedenen Studien hat die Welternährungsorganisation (FAO) festgestellt, dass sie eine sehr nahrhafte und gesunde Nahrungsquelle mit einem hohen Gehalt an Fett, Eiweiß, Vitaminen, Ballaststoffen und Mineralien sind. Dem Verbraucherzentrale Bundesverband zufolge ist ihr Proteingehalt ähnlich hoch wie bei Fleisch von Rind, Schwein oder Pute, variiert aber je nach Art des Insekts. Der Umweltorganisation WWF zufolge ist die Ökobilanz deutlich besser als die von Rind, Schwein und Huhn. «Im Vergleich zu Fleisch wird bei der Erzeugung von Insekten wesentlich weniger landwirtschaftliche Fläche benötigt», heißt es vom WWF. Im Vergleich zum Huhn seien es etwa um 50 Prozent weniger. Nach FAO-Angaben benötigen Grillen nur etwa ein Zwölftel des Futters verglichen mit Rindern, um die gleiche Menge an Eiweiß zu produzieren. Bei der Insektenzucht werden auch weniger Treibhausgase freigesetzt. Die deutschen Verbraucherzentralen rechnen zudem vor, dass der essbare Anteil an Insekten mit 80 Prozent deutlich höher liegt als zum Beispiel beim Rind (40 Prozent). Nein. Niemand muss befürchten, dass wild gesammelte Tierchen in den Produkten landen. Speiseinsekten, die im deutschen Lebensmittelhandel angeboten werden, stammen nach Angaben der Verbraucherzentralen ausschließlich aus kontrollierter Aufzucht. «Es existieren bisher keine Haltungsvorschriften für Insekten in Deutschland», schreiben die Verbraucherschützer. Klärungsbedarf gebe es etwa bei Platz, Einsatz von Arzneimitteln oder einer möglichst schonenden Tötung.Was genau ist nun erlaubt?
In welchen Lebensmitteln kann etwa die Hausgrille vorkommen?
Wird das bald breit zu finden sein?
Kann es passieren, dass man Insekten isst, ohne es zu wissen?
Was ist für Allergiker zu beachten?
Welche Vorteile bringt es, Insektenpulver beizumischen?
Wie nahrhaft sind Insekten?
Wie sieht es mit der Nachhaltigkeit aus?
Kommen Insekten aus der Natur auf den Teller?
Picture credit: © Visarut Sankham/dpa
Copyright 2023, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten
Grill-Teller, aber anders: Insekten in Lebensmitteln
Bisher war es schon mit Mehlwürmern und Heuschrecken möglich, nun darf in der EU auch Pulver aus Heimchen und bestimmten Käfern im Essen landen. Das führt bei einigen zu Befürchtungen.
Meistgelesene Artikel
Am 01.09.2024 haben wir für euch einiges zu bieten: XXL Hüpfburg, Parcours, Beratung, tolle Give aways & mega viel Spaß für die ganze Familie!
- 23. August 2024
Das Veedelsfest in Refrath
Das Programm für das Veedelsfest in Refrath am 31.08.2024 steht! Endecke jetzt alle Highlights des Festes in unserer Übersicht!
- 28. August 2024
„Burscheid liest“: Eine Woche voller Literatur und Lesefreude
Entdecke „Burscheid liest“: Eine Woche voller Lesungen, Workshops und Events rund um Literatur vom 1. bis 8. September 2024
Neueste Artikel
- 19. September 2024
Vorsichtiges Aufatmen an Elbe - Aufräumen in Flutgebieten
Die Pegelstände an der Elbe in Sachsen gehen langsam zurück. Im polnischen Breslau ist das Schlimmste noch nicht überstanden. Ein Überblick.
- 19. September 2024
Mode in Mailand: Von Superheldinnen bis Blütenpracht
Wie wird die Damenmode in der Saison Frühjahr/Sommer 2025? Bei der Mailänder Fashion Week gibt es einen Vorgeschmack. Teils erinnern die Frauen auf dem Laufsteg an Heldinnen aus Comics.
Weitere Artikel derselben Kategorie
- 19. September 2024
Vorsichtiges Aufatmen an Elbe - Aufräumen in Flutgebieten
Die Pegelstände an der Elbe in Sachsen gehen langsam zurück. Im polnischen Breslau ist das Schlimmste noch nicht überstanden. Ein Überblick.
- 19. September 2024
Mode in Mailand: Von Superheldinnen bis Blütenpracht
Wie wird die Damenmode in der Saison Frühjahr/Sommer 2025? Bei der Mailänder Fashion Week gibt es einen Vorgeschmack. Teils erinnern die Frauen auf dem Laufsteg an Heldinnen aus Comics.